„Ich fahre jetzt direkt zurück nach Kochi und mit dem nächsten Flugzeug nach Hause! Ich bin jetzt bereit, aufzugeben!“
Einen Moment später lachte ich laut über diese Überraschung, die mir mein Verstand bot.
Was für ein lächerlicher Gedanke. Wir sind nicht zwei Jahre lang den ganzen Weg gegangen, um uns von ein bisschen schlechtem Wetter in die Knie zwingen zu lassen. Ich dachte sofort an Pratish, der sein Bike nur ein paar Meter hinter mir durch den prasselnden Regen bewegte. Der mich zwei ungewisse Jahre lang beim Aufbau unseres Unternehmens begleitet hatte und nun treu mit mir durch diese kalte und nasse Hölle fuhr.
Während unserer letzten Pause hatte ich ihm erzählt, wie sehr wir Europäer uns über das Wetter aufregen können, und er schaute mich etwas verständnislos an und sagte, das sei doch völlig irrelevant, weil wir sowieso nichts dagegen tun könnten. Eine sehr indische Art zu denken.
Seit ich vor zwei Jahren die Idee zu diesem Projekt hatte, mussten wir so viel Geduld und Ausdauer beweisen. Die Pandemie fesselte mich an Wien und auch Pratish konnte sich in Indien nicht so frei bewegen, wie er es gerne getan hätte. Wenigstens konnte ich die Zwangspause nutzen, um an unserer Website zu basteln.
Sobald die Reisebeschränkungen es zuließen, wollte ich mit einem Geschäftsvisum nach Indien reisen. Nur so konnte ich genug Zeit haben, um alle Aufgaben hier zu erledigen. Ein Touristenvisum wäre zeitlich nicht ausreichend gewesen. Wie sich später herausstellte, gilt nur ein Geschäftsvisum als Nachweis meines Aufenthalts in Indien vor den indischen Behörden, um weitere Dokumente unterzeichnen zu können, z.B. um unser Firmenkonto zu eröffnen.
Um ein Geschäftsvisum zu bekommen, musste ich jedoch bereits als Geschäftsführer unseres Unternehmens registriert sein. Die Gründung der Firma hatte also oberste Priorität.
So begannen wir den langen Weg zur Gründung eines Unternehmens in Indien unter Beteiligung eines europäischen Staatsbürgers. Andersherum wäre es sicher nicht einfacher gewesen. Und es war immer klar, dass unser Unternehmen seinen Sitz in Indien haben muss, um die bestmögliche Rechtssicherheit für unsere zukünftigen Kunden und auch für uns zu gewährleisten.
Meine anfängliche Naivität, diese Unternehmensgründung schnell und digital selbst durchführen zu können, wurde durch die Komplexität des Unterfangens auf den Boden der bürokratischen Realität geholt. Ohne einen Steuerberater in Indien, der uns durch diesen Prozess führt, würde nichts passieren. Also fand Pratish einen Steuerberater, der bereit war, die Angelegenheit zu übernehmen. Und dann fand er den nächsten Steuerberater, weil der erste wegen Überforderung das Handtuch geworfen hatte.
Wir hatten jetzt ein ganzes Team in diesem Büro, das uns half und uns immer wieder neue Aufgaben zu Unterschriften und Identitätsnachweisen gab.
In Wien ging ich oft vom Notar zum Bezirksgericht und zum Landesgericht, um die von den indischen Behörden geforderten Beglaubigungen (und Überbeglaubigungen) meiner Unterschriften und Identitäts- und Aufenthaltsnachweise zu erhalten.
Ich ließ eine amtlich beglaubigte Übersetzung meiner österreichischen Meldebescheinigung anfertigen und überbeglaubigen, nur um nach der Vorlage bei den indischen Behörden zu erfahren, dass nur meine Handyrechnung als Wohnsitznachweis akzeptiert wird.
Immer wieder wurden wir zurückgeworfen, während unser Anliegen immer dringlicher wurde.
Alle Daten zur Unternehmensgründung und die erforderlichen Anhänge werden über ein Webportal eingereicht. Gerade jetzt haben die indischen Behörden beschlossen, dieses Portal von einer reinen PDF-Anmeldung auf ein KI-basiertes System umzustellen. Viele Wochen lang war eine Einreichung aufgrund von technischen Störungen einfach nicht möglich, was wiederum unser Steuerberatungsteam fast zur Verzweiflung brachte.
Das lag daran, dass alle Dokumente für die Gründung gleichzeitig eingereicht werden mussten und nicht älter als zwei Monate sein durften, was in diesem Prozess nicht einfach zu bewerkstelligen war. Tatsächlich war meine notariell beglaubigte und überbeglaubigte Handyrechnung dann auch wieder älter als zwei Monate, aber die Behörden begnügten sich kulanterweise mit den Beglaubigungen auf der alten Rechnung plus der leeren aktuellen Rechnung.
Plötzlich, wir konnten unser Glück kaum fassen, schien das Anmeldesystem zu funktionieren. Und wie ich es von einer KI nicht anders erwartet hätte, waren nur Stunden später in unseren E-Mail-Postfächern die Gründungsunterlagen, mit denen ich endlich zur indischen Botschaft in Wien gehen konnte und zwei Wochen später mein Geschäftsvisum in meinem Pass kleben hatte.
Und so bin ich seit Oktober 2022 in Kerala, um all die Ideen der letzten zwei Jahre in die Tat umzusetzen. Ich werde im nächsten Blogbeitrag berichten, wie wir abgeschnitten haben.
Nur so viel vorweg: Alles ist erledigt, wir haben die besten Routen gefunden (ein Traum für jeden Motorradfahrer) und die schönsten Unterkünfte gesichert. Wir sind bereit, mit dir auf eine außergewöhnliche Reise zu gehen!